Was tut der Elefant auf meiner Brust

Margit

An einem Freitag im Februar 2014 nach einer eher ruhigen Arbeitswoche fuhr ich mit meiner Familie in unser Wochenendhaus. Ich wollte gerade Abendessen kochen, plötzlich durchbohrte ein gewaltiger Schmerz von der Brust bis in den Rücken meinen Körper. Es fühlte sich an als ob ein Elefant auf meinem Brustkorb sitzen würde. Meine Tochter begleitete mich zum Bett und rief sofort die Rettung.

Ich wollte nicht mehr atmen weil es weh tat, aber meine Tochter gab mir Atemkommandos, die ich nur ihr zuliebe befolgte. Der Notarzt versorgte mich mit Blutdrucksenkern und Schmerzmittel und es war schnell klar, dass es kein Herzinfarkt war, sondern dass irgendetwas mit der Aorta sein könnte. Deshalb wurde ich liegend in den Rettungswagen
gebracht. In der Klinik im Waldviertel wurde nach einem CT eine Aortendissektion der absteigenden Aorta diagnostiziert. Ich wurde nach Wien auf eine Herzchirurgie gebracht.
Gott sei Dank war eine OP nicht notwendig und ich wurde konservativ mit Blutdrucksenkern auf der Überwachungsstation behandelt.

Dort wurde mir dann mitgeteilt, dass ich eventuell das Marfan-Syndrom haben könnte. Vor allem weil 10 Jahre vorher wegen eines Aortenaneurysmas meine Aorta samt Herzklappe ersetzt werden musste. Außerdem ist mein Vater mit 36 Jahren an einer Aortenruptur verstorben. Ich bin sehr groß, habe eine Sehschwäche, eine kaputte Hüfte und Hammerzehen.
An der MedUni Wien wurde eine genetische Untersuchung durchgeführt und das Marfan- Syndrom diagnostiziert. Neben mir wurden meine Mutter, meine Geschwister sowie unsere Kinder getestet. Sowohl Bruder und Schwester sind positiv, unsere Kinder alle negativ. Wir hatten die Krankheit von unserem Vater geerbt. Leider ist bis zu meinem 54. Lebensjahr kein Arzt auf die Idee gekommen dass es Marfan sein könnte.

Meine Geschwister und ich gehen nun regelmäßig zu Kontrolluntersuchungen. Sowohl mein Bruder als auch meine Schwester haben beide auch schon einen Aortenersatz. Diese Operation ist zwar nicht angenehm, aber wenn sie geplant und vorbereitet ist, besteht kaum ein Risiko. Ich war nach der Dissektion noch einige Jahre berufstätig, allerdings musste ich feststellen, dass der unvermeidbare Stress nicht so gut für mich war und mir wurde eine Berufsunfähigkeitspension bewilligt.

Manchmal denke ich mir, ob mir und meinen Geschwistern vielleicht doch einiges erspart geblieben wäre, wenn wir keine schweren Kisten und Strohballen geschleppt hätten, wenn ich nicht Scheibtruhen mit Beton herumgefahen hätte usw. Ich achte sehr darauf, dass mein Blutdruck niedrig ist, ich achte sehr darauf nichts Schweres zu heben und mache moderaten Sport wie Radfahren, Walken od. Gymnastik. Weiters engagiere ich mich ehrenamtlich, verreise gerne, singe in einem Chor, gehe gerne ins Theater und treffe mich mit Freunden. Dabei muss ich darauf achten mir immer wieder genügend Ruhepausen zu gönnen. Es gibt Tage an denen ich sehr viel schaffe, dann aber auch wieder Zeiten wo ich nicht so leistungsfähig bin – das zu akzeptieren fällt mir nicht immer leicht.

Alles in Allem hatte ich aber großes Glück und bin der Medizin dankbar, dass ich ein gutes Leben führen kann.