Mein erster Berufswunsch war Prinzessin

Anonym
Mein erster Berufswunsch war Prinzessin. Nichtstun, schön aussehen, Menschen herum scheuchen, ein Traumjob. Auf einem Bergbauernhof aufgewachsen war ich Nichtstun nicht unbedingt gewöhnt.

Tägliche Arbeit mit unseren Tieren und in der Natur ist zwar schön, aber wenn man Nichtstun nicht kennt, reizt es schon auch.

Mit 12 Jahren wurde Nichtstun jedoch zu meinem täglichen Begleiter, aufgrund einer genetischen Bindegewebsschwäche, dem Marfan-Syndrom und meiner Hüfte die aufgrund des Marfan-Syndroms laut Arzt „die einer 80ig Jährigen“ war. Es folgten zwei Jahre auf Krücken und danach eine Hüftprothese. Dieses Marfan-Syndrom hat seine Finger in so ziemlich allem drin, was der Körper zu bieten hat. Bei mir sind, Gelenke, Augen, Haut, Herz und Ausdauer/Leistungsfähigkeit betroffen. Aufgewachsen auf einem Bergbauernhof und tägliche körperliche Arbeit gewohnt, fühlte ich mich damals sehr behindert, verdammt zum Nichtstun – zum unnütz sein.

Gern hätte ich mich in Selbstmitleid vergraben, aber meine Eltern waren da eher verständnislos. Zu jammern und zu lamentieren bringe keinem etwas, ich könne immer noch gleich viel leisten wie alle anderen, eben anders, gab mir meine Mutter zu verstehen. Ich lernte also zu kochen, das ging mit Krücken. Trotzdem litt mein Selbstbewusstsein sehr. Viele Fehlstunden und wenig Energie für Schule brachten mir ein mittelmäßiges Zeugnis und ein skeptisches Kopfschütteln meines Lehrers auf den von mir geäußerten Wunsch nach einer weiterführenden Schule mit Matura-Abschluss.

Eingeschüchtert von der Ablehnung meiner Lehrer und mancher Bekannter machte ich mich jedoch mit meinen Eltern auf die Suche nach einer passenden weiterführenden Schule. Im Nachhinein wurde mir bewusst, dass meine Eltern sich damals viele Gedanken um mich machten. Der Weg eines Lehrberufes, wie ihn meine Eltern und der Großteil unserer Verwandten und Bekannten gegangen sind, kam für mich nie in Frage.

Nach einigem hin- und her und dem charmanten Hinweis einer Direktorin einer Privatschule, dass ich wohl nur für eine dreijährige Ausbildung fit genug wäre fanden ich jedoch mit meinen Eltern gemeinsam eine kreative Lösung. Ich ging in die Handelsakademie eine Autostunde entfernt von meinem Wohnort und lebte dort als einzige HAK-Schülerin im Internat einer anderen Schule (besagte Privatschule, die mich für zu behindert hielten 😉 ) Was soll ich sagen, ich war GUT! Mit der Freiheit mir meine Zeit selbst einzuteilen und schöne Ruhepausen machen zu können, bekam ich hervorragende Noten. Mein sehr verständnisvoller Lehrer gab mir das Gefühl vom Unterricht zu gehen, wann immer ich das brauchte und auf das Ergebnis bin ich stolz. Eine fast ausgezeichnete (Ja, hab bei der Mathe Matura nicht so schön gezeichnet – danke kaputtes Marfan-Auge) Matura.

Diesen Schritt geschafft zu haben, wagte ich mich auf in das Studienleben. Ich begann in Klagenfurt Publizistik und Kommunikationswissenschaften zu studieren. Anfangs hatte ich auch dort Angst, den Anforderungen nicht gewachsen zu sein, zu dumm zu sein oder zu müde – aber das hat sich nicht bestätigt. Ich bin jetzt am Ende meines Studiums, habe ein Auslandssemester in Schweden verbracht, ein halbjähriges Praktikum in einem sehr renommierten Verein hinter mir und 10 Monate für die Österreichische Hochschülerschaft gearbeitet. Ich habe gezeigt, dass ich in meine Projekte 100 % Herz investiere und habe von Großevents bis zu Studentenführern so einiges vorzuweisen, was ich geschafft habe.

Zu jedem Zeitpunkt haben mich meine Eltern unterstützt, meine Entscheidungen gut geheißen und mir immer das Gefühl gegeben, dass ich keine Grenzen habe.