Es war im Dezember 2001

Anonym
Es war im Dezember 2001. Herzrasen mitten in der Nacht. Nicht einmal, sondern ein paar Nächte hintereinander. Nun ja, geh ich wohl besser zum Arzt – nach einem
EKG sagte mir dieser das Ich einfach Überanstrengt von der Arbeit bin (ja, bei uns ist Hochsaison um diese Zeit- Vollstress!), ich solle ein bisschen ruhiger treten. Auch nicht so einfach, in dieser hektischen Zeit aber muss wohl sein.

Ein paar Tage später noch immer nicht besser, immer wieder Herzrasen, Herzrythmusstörungen und nicht zu vergessen das Stiegen steigen – 1. Stock und ich bin schon voll außer Puste! Was ist los mit mir? Zuviel geraucht? Also wieder zum Arzt, der macht wieder ein EKG und meint „Irgendetwas stimmt nicht“ – ich solle sofort zum Internisten gehen. Beim Arzt war ich um 15.30 Uhr beim Internisten um 17.30………. in der Klinik um 19.30! Aortenaneurysma mit 8,5cm Durchmesser! Als mein Internist die Diagnose machte, war er sichtlich nervöser als ich – er wusste ja was ich hatte – mir sagte ein Aortenaneurysma gar nichts – schon gar nicht die drohende Gefahr. In der Klinik bestätigte man dann nach ein paar weiteren Untersuchungen dieses Aneurysma und zum Ersten Mal tauchte der Name „Marfan-Syndrom“ auf. Ich war 33 Jahre, frisch verheiratet, selbstständig mit 30 Mitarbeitern und nun das! Marfan was ist das?

Nach ein paar Tagen in der Klinik war ich schon informierter. O.k. ich habe das Marfan- Syndrom. Aber wie geht’s jetzt weiter. Und vor allem mit dem Aneurysma?
Man entschloss sich zu einem geplanten Eingriff Anfang Jänner 2002. Diese Sylvester waren alles andere als eine riesen Party für mich. Am 2. Jänner in die Klinik, dann ein paar Tage drauf die 1. Operation. Neue Aortenklappe und neuer Aortenbogen werden nach Bentall operiert. Warum die 1. Operation, nun ja. Nach 14 Tagen bekam ich einen Perikarderguss am Herz. Es war ein Samstag und ich lag schon auf einer Reha-Anstalt zur Genesung. Gegen mittags kam meine damalige Frau und ich klagte über Schmerzen hinter dem linken Schulterblatt – starke Schmerzen. Der diensthabende Primar gab mir ein paar Schmerzmittel – jedoch ohne Wirkung. Es wurde immer schlimmer – der Primar meinte nur „Dies war ja keine Blinddarmoperation – da können schon mal solche Schmerzen auftreten!“. Doch meine Frau erkannte die damalige Situation besser als der Primar. Und nach dem dieser trotz mehrfachem Nachfragen bezüglich der Schmerzbehandlung nicht von seiner „Blinddarm-These“ abwich, bestand meine Frau darauf mich sofort wieder in die Klinik verlegen zu lassen. Sofort und nicht morgen. Irgendetwas stimmte nicht mit mir – das spürte Sie einfach! So, also mit Blaulicht wieder zurück in die Klinik und nach einer kurzen Untersuchung die Diagnose Perikarderguss am Herzen. Sofort Notoperation – und das am Samstag um 17.00. Irgendwann wachte ich dann wieder auf – Intensivstation. Zum 2.mal innerhalb von 14 Tagen. Aber zum Glück ist die OP diesesmal gut verlaufen. Herz-Intensivstation. Und das für ca. 3 Wochen. Eines von vielen prägenden Erlebnissen in diesen Woche war, als sich die Schwestern eines Nachts unterhielten und sagten „Wir hatten schon lange keine Herzstillstand mehr“ – ja und dann 2 Stunden später war ein Herzstillstand bei einem meiner „Mitbewohner“ auf der Intensivstation. Ich dachte mir nur – wo bin ich hier gelandet? Die Schwestern und Ärzte glauben anscheinend man hat keine Ohren und keine Augen im Kopf – echt heftig!


Anschließend kam ich dann in ein Rehazentrum für Herz- Kreislauferkrankungen. Der 1. Tag dort war sehr interessant – ich kam ziemlich schlapp und müde in den Patienten Essensaal für das gemeinsame Abendessen, es wurde mir ein Tisch zugewiesen und plötzlich wurde mir klar – ich bin der absolut Jüngste hier von den ganzen Rehapatienten. Das Durchschnittsalter war mindestens doppelt so hoch wie meine 33 Jahre. Es waren aber zum Glück sehr nette Menschen um mich und ich erholte mich so weit wieder, dass ich nach 4 Wochen wieder entlassen werden konnte und das erste Mal seit ca. 3 Monaten nach Hause kam. Nach Hause heißt auch in die Firma kam. Aber dies wäre eine eigene Geschichte. Bis zum Jahre 2013 waren dann zum Glück keine größeren Probleme aufgetaucht. Abgesehen von einer Netzhautablösung, die mit einer Blombe wieder fixiert wurde sowie einer Linsenluxation am linken Auge. Bis zum August 2013. Es war ein schönes Sommer-Wochenende. Kurzurlaub in Italien. Plötzlich in der Früh ein komisches Gefühl im Mund und ich war müde und irgendwie nicht wirklich fit. Ich legte mich wieder ins Bett – aber als es am Nachmittag immer noch nicht besser war, ich hatte inzwischen Probleme mit dem Gleichgewicht und auf einem Auge sah ich irgendwie nicht richtig, entschieden wir uns ins nahegelegene Krankenhaus zu fahren. Es war Freitag Nachmittag, die Ambulanz war übervoll – aber mit meinem internationalen Marfan-Ausweis kam ich innerhalb von 10 min. zu einem Arzt. Verständigung auf Englisch ….. und nach ein paar Untersuchungen kam der Arzt zur Überzeugung mir fehlt nichts. EKG und Echo sind zum Glück in Ordnung. Für die Kopfschmerzen soll ich soll eine Kopfschmerztablette nehmen. O.k. Gesagt und getan.

Am nächsten Tag ging es mir immer noch nicht besser und wir beschlossen nach Hause zu fahren und dort in die Klinik zu gehen – die kannten mich ja schon recht gut. Es war dann Samstag Abend, man hatte ein Computertomografie gemacht und ein Gespräch mit einem Neurologen und dann war die Diagnose auf dem Tisch: Schlaganfall! Schon der Dritte oder Vierte! In diesem Moment war ich recht stumm und musste einmal in mich gehen. Ich hatte bis dato keine Schlaganfälle bemerkt bzw. nichts was irgendwie darauf hin gedeutet hätte. Außer dieser jetzt, der letzte – ich habe eine sogenannte homonyme Quadrantenanopsie. Das heißt eine Gesichtsfeldeinschränkung nach links oben! Und nun wusste ich auch warum ich seit ca. 1,5 Jahren immer wieder Schwindelanfälle hatte – das war die Auswirkung eines der vorherigen Schlaganfälle! Aber zum Glück hatte ich keine sonstigen Lähmungserscheinungen oder sonstigen neurologischen Störungen. Nun ja, 14 Tage in der Klinik und anschließend auf Reha in einer Spezialklinik für Neurologie. Alles perfekt, aber leider hatten Sie große Probleme meine „Blutverdünnung“ einzustellen. Einmal hatte ich einen INR von 1,8 und dann wieder das doppelte davon. Meine Psyche war deshalb sehr angeschlagen. Auch deshalb da man sehr schwere Fälle von Schlaganfällen sieht und einem erst bewusst wird, welch großes Glück man selber hatte. Es war eine Achterbahn der Gefühle in diesen 4 Wochen auf Reha aber letzten Endes war ich natürlich trotzdem sehr froh dort gewesen zu sein. Inzwischen war ich dann auch wieder in der Klinik zur Nachuntersuchung für die Augen. Dort haben Sie mir ein Computerprogramm empfohlen mit dem ich meine Gesichtsfeldeinschränkung vielleicht etwas verbessern kann. Bis jetzt bin ich fleißig beim 2maligen täglichen Üben dieses Computerprogrammes, für mich scheint diese Gesichtsfeldeinschränkung noch immer gleich zu sein – aber ich hoffe das es doch eine Besserung gibt. Heute hatte ich eine weitere Augenuntersuchung. Hurra! Ja, ich darf wieder mit dem Auto fahren – was ist das wieder für ein Gefühl der Freiheit! Das ist ein wirklich großer Schritt für mich …… ab jetzt geht’s wieder aufwärts! Wie es weiter geht? Einfach nicht den Mut verlieren und positiv denken. Der Glaube an Gott hat mir schon über viele schwere Stunden geholfen und ich Danke Gott jeden Tag das es mir so gut geht – den es könnte alles noch viel schlimmer sein!

Jetzt 2019 geht es mir sehr gut, ich bin mittlerweile in Pension, genieße jeden Tag und unternehme gerne mehrmals jährlich Reisen.